Am 27.07.2014 erschien in der „Welt am Sonntag“ ein Interview mit unserem Wunderland-Gründer Frederik Braun und unserem Modell-Bauherr Gerhard Dauscher über unser Mini-Italien. Dort berichten sie exklusiv über so einige Schwierigkeiten während des Bauprozesses. Hier ein kleiner Auszug. Das komplette Interview könnt Ihr hier nachlesen.
Welt am Sonntag: Herr Braun, warum Italien?
Frederik Braun: Erstens ist Italien eins meiner Lieblingsreiseländer. Zweitens versuchen wir uns ein bisschen an die Realität zu halten. Und wir haben schon die Schweiz – himmelsrichtungstechnisch passt da Italien hervorragend rein. Außerdem haben wir viele Touristen aus Italien – die freuen sich, wenn sie hier ihr Land sehen.
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Welt am Sonntag: Wann hatten Sie die Idee, Italien zu bauen?
Gerhard Dauscher: Die ersten Skizzen sind vor vier Jahren entstanden. Da ging es erst einmal darum, den Raum aufzuteilen und zu entscheiden, was genau wir bauen wollen. Genau da kristallisierte sich schon das erste Problem heraus: Bei Italien denkt man an Rom, Pisa, die Toskana, Venedig, Südtirol, Mittelmeerstrände, Dutzende Prachtbauten. All das auf 170 Quadratmetern unterzubekommen war schier unmöglich. Also mussten wir uns auf ein paar Punkte begrenzen. Rom stand allerdings nie zur Diskussion. Diese Weltstadt müssen wir einfach bauen.
Welt am Sonntag: In Gänze?
Dauscher: Auszugsweise. Wir bauen Städte immer fiktiv. Wir haben die Fläche gar nicht, um komplette Städte zu bauen. Das würde die ganze Hamburger Speicherstadt füllen. Also nehmen wir die schönsten und bekanntesten Bauwerke: den Petersdom, den Trevi-Brunnen, den Tiber und natürlich ein Stück von der kleinen Altstadt. Auf jeden Fall Venedig – der Markusplatz ist ein Muss. Und dann haben wir noch einen Ort am Mittelmeer und eine kleine Region an der Küste, wo direkt am Fels eine Bahn entlangfährt.
Welt am Sonntag: Sie sind extra nach Italien gereist, um zu recherchieren.
Dauscher: Ja, wir waren sechs Tage dort. Über Reisebücher, Bildbände und Fotos kann man sich schon viel erschließen. Aber wir brauchen die Ansichten von allen vier Seiten, davon gibt es keine Fotos. Deswegen sind wir hingefahren und haben uns alles ganz genau angesehen: Wie sieht es hinter so einem Haus aus, die Details, Mülltonnen, Briefkästen, Feuerwehrhydranten. Beeindruckend waren für uns zum Beispiel die Dörfer an der steilen Amalfiküste. Die Gassen sind 80 Zentimeter breit, 800 Stufen geht es da hoch. Da fragt man sich: Wie kriegen die den Müll da oben eigentlich weg?
Braun: Hast du die Frage auch in Neapel gestellt?
Dauscher: (lacht) Da muss man eher fragen, warum die den Müll nicht wegkriegen!
Braun: Die gehen an der Amalfiküste wirklich mit Eseln hoch. Die haben vier Esel aneinandergebunden, und dann haben die Blechtonnen an den Rücken der Tiere befestigt, mit denen die die steilen Treppen hochgehen. Dann schmeißen die da oben den Müll rein und gehen wieder runter.
Welt am Sonntag: Das heißt, es wird Esel geben?
Dauscher: Es wird Esel geben.
Welt am Sonntag: Wie dokumentieren Sie Ihre Eindrücke?
Dauscher: In Italien haben wir alles fotografiert, Strecken abgeschritten, Notizen und Skizzen von Details gemacht. Wir haben beispielsweise acht Leute nach Venedig geschickt, um den Markusplatz abzufotografieren – den Boden, die Wände, die Türen. Außerdem muss immer eine Person mit auf den Fotos zu sehen sein, damit man das Größenverhältnis abschätzen kann. Und es ist wichtig, die Menschen und die Stimmung hautnah zu erleben. Das Wunderland lebt genau von den liebevollen Details.
Welt am Sonntag: Sprechen Sie auch mit Historikern oder anderen Experten?
Dauscher: Wir hatten Führungen im Markusdom und durch Venedig organisiert. Ich finde, wenn man ein Land nachbauen will, dann muss man auch seine Geschichte verstehen. Aber man sieht und erlebt auch vieles selbst. Die Schlichtheit der Gebäude, die kleinen Vorgärten. Während in Deutschland alles schön in Reihen gepflanzt ist, lässt man da einfach wachsen. Und wenn ein Traktor nicht mehr benötigt wird, dann steht der in der Ecke und wuchert zu. Wichtig war uns auch, dass die Leute, die wir da runtergeschickt haben, den Eindruck bekommen: Wie lebt es sich da, wie ist das Feeling, wie gehen die Italiener mit der Hitze um?
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Welt am Sonntag: Wie viel im Wunderland ist Realität, wie viel Fiktion?
Braun: Der erste Bauabschnitt, die Städte, die Häuser, die Berge, das war zu 99 Prozent Fantasie. 2002 haben wir Hamburg gebaut, hier haben wir sieben reale Sehenswürdigkeiten nachgebaut. Alles andere ist ebenfalls wieder Fantasie. Mit jedem Bauabschnitt haben wir aber mehr von der Fantasie aufgegeben, hin zur Realität.
Welt am Sonntag: Warum?
Braun: Weil der Anspruch gestiegen ist, der Ehrgeiz, die Originale nachzubauen. Und wir haben gemerkt, dass die Besucher es cool finden, etwas wiederzuerkennen. Trotzdem werden wir niemals zu 100 Prozent realistisch bauen. Erstens weil es langweilig wäre, zweitens weil der Besucher gar nicht 20 Meter an der realen Speicherstadt vorbeilaufen will. Vielmehr will er an jedem Meter unterhalten werden. Das ist der schmale Grat, den auch unser Bauchef bei seinen Wahnsinnsplanungen geht.
Dauscher: Das ist wie ein Hollywood-Film, den die Leute sich nicht ansehen, um absolute Realität zu sehen, sondern um etwas zu erleben. Und das tun sie hier.
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Welt am Sonntag: Was wird Italien kosten?
Braun: Das rechnen wir nie vorher aus. Es kostet, was es kostet. Unser Miniaturflughafen Knuffingen sollte mal 1,5 Millionen Euro kosten und hat am Ende 4,5 Millionen verschlungen. Auch bei Italien ufert unsere Liebe zum Detail aus. Wir müssen jetzt mal schauen, wo wir uns bremsen müssen. Ich denke, wir werden drei Jahre für Italien brauchen – und bei drei Millionen Euro landen. Das Teuerste sind immer die Arbeitsstunden. Die Materialkosten machen nur fünf bis zehn Prozent aus.
Welt am Sonntag: An welchen Stellen werden Sie Abstriche machen müssen?
Braun: Rom. Es ist ein Fantasie-Rom, angelehnt an die Realität. Zwischen dem Forum Romanum und dem Kolosseum sparen wir beispielsweise alles ein und setzen beide dicht nebeneinander.
Welt am Sonntag: Welche Baustelle bereitet Ihnen noch besondere Bauchschmerzen?
Dauscher: Der Petersdom. Der wird knapp zwei Quadratmeter Fläche einnehmen mit dem Petersplatz und etwa 60 bis 70 Zentimeter hoch sein. Da gibt es kein Teil zu kaufen, wir müssen alles selbst schnitzen, fräsen, gipsgießen, modellieren und dann zusammenkleben. Jede Figur. Es ist uns noch ein Rätsel, wie wir das meistern sollen. Zwei Leute werden ein Jahr lang nur am Petersdom arbeiten.
Welt am Sonntag: Wird der Papst auch zu sehen sein?
Dauscher: Ja, bestimmt, wir wollen den Papstpalast auch zeigen, vielleicht sogar die Osterveranstaltung.
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Welt am Sonntag: Bei der italienischen Bahn wird häufig gestreikt. Wird sich das auch im Miniatur-Italien widerspiegeln?
Braun: Auch das Wunderland ist keine streikfreie Zone. In Italien werden wir ganz sicher das ein oder andere witzige Geschichtchen dazu nachbauen. Wahrscheinlich aber eher szenisch. Die Besucher fänden es bestimmt nicht witzig, wenn dauernd alle Züge stillstehen würden. Denn das passiert in Italien durchaus häufiger.
Welt am Sonntag: Was sagt die Kriminalstatistik?
Braun: Entführungen sind die Hauptstraftat – schätzungsweise 5000 im Jahr. Die Täter sind allerdings meistens minderjährig und nicht belangbar. (lacht) Die Autos sind festgeklebt, die kann man nicht klauen, die fahrenden Züge sind zu fest im Gleis. Zu kämpfen haben wir aber mit etwas anderem: Wir finden immer wieder Autos auf der Anlage, die dort gar nicht hingehören. Das sind dann meistens Speditionswagen mit einer Werbung drauf.
Welt am Sonntag: Welcher Tatbestand ist das: Schleichwerbung?
Braun: Nein, Falschparken. Die werden abgeschleppt.
Quelle: Welt am Sonntag
Finde ich gut, dass Ihr Euch um die Falschparker kümmert. Das wird in der Realität leider viel zu selten gemacht – und da stehen sie sogar auf Rad- und Fußwegen rum…